Vorbemerkung
Berechnung des Unterhaltes
Das Berechnungsprogramm
Asymetrische Bedarfsdeckung durch einen Elternteil
Bereits der Begriff „Wechselmodell“ ist diskriminierend. Er insinuiert Unstetigkeit, wo doch nach allgemeiner Anschauung gerade im Trennungs- und Scheidungsfall Stetigkeit für Kinder gewünscht und oftmals auch organisiert wird. Dabei ist für das Kind der Wechsel von gemeinsamer Betreuung durch die Eltern hin zu einer Betreuung durch einen Elternteil die größte Unstetigkeit, die man sich denken kann. Wer glaubt, die Bindung eines Kindes an sein gewohntes Lebensumfeld und die Wohnung sei stärker, als die Bindung zu den Elternteilen, verkennt selbst die positiven Aspekte der Bindungstheorie.
Es wäre daher wünschenswert, wenn bei Trennung und Scheidung die Eltern eine kontinuierliche Betreuung des Kindes durch beide Elternteile sicherstellen könnten. Dies gelingt oftmals nicht, weil die Eltern zerstritten und selbst über die Belange ihres Kindes nicht kommunikationsfähig sind. Wenn aber die Chance besteht, auch über die Trennung der Eltern hinweg eine gemeinsame Betreuung des Kindes sicherzustellen, sollte dies versucht werden.
Die als Wechselmodell bekannte gemeinsame Betreuung von Kindern in den Haushalten der getrennt lebenden Eltern stellt weniger Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit der Eltern, als vielfach befürchtet. Die Hauptstreitigkeiten im traditionellen Betreuungsmodell mit Besuchswochenenden resultieren aus Aktivitäten der Kinder am Wochenende (Sportveranstaltungen, Geburtstage etc.) bei denen der umgangsberechtigte Elternteil stets die Vermutung hat, diese Aktivitäten hinderten und erschwerten sein Umgangsrecht. Oft verkommen auch die Umgangskontakte am Wochenende zu Eventveranstaltungen, weil eine kontinuierliche Einbindung des umgangsberechtigten Elternteils in den Alltag des Kindes nicht gelingt.
Bei Fortsetzung der gemeinsamen Betreuung des Kindes in den Haushalten der getrennt lebenden Eltern sind diese Reibungspunkte weit weniger stark. Der Elternteil, bei dem das Kind sich aufhält, ist für die in diese Zeit fallenden Veranstaltungen und Events zuständig. Auch muss keine Kommunikation der Eltern über den Alltag des Kindes erfolgen, weil die Eltern am Alltag des Kindes viel stärkeren Anteil haben als im normalen Umgangsmodell.
Gleichwohl stellt die gemeinsame Betreuung des Kindes in zwei Haushalten einige Anforderungen, die leider oft nicht erfüllbar sind:
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann auch das Wechselmodell klappen.
Oftmals bereitet aber die Unterhaltsfrage Probleme. Es ist nicht banal, für derartige Konstellationen ein Unterhaltsmodell zu entwerfen, weil die einzelnen Fallgestaltungen zu unterschiedlich sind. Es ist daher immer sinnvoll, wenn die Eltern versuchen, die Unterhaltsfrage einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. Dazu sollten Sie auch den Rat von erfahrenen, lösungsorientiert arbeitenden Anwältinnen und Anwälten nutzen. Sie sollten sich aber auch auf ihre eigene Kompetenz in derartigen Dingen verlassen. Wer gemeinsamen Kinder gezeugt, geboren und erzogen hat, wird an der eigentlich lächerlichen Frage der Finanzierung ihres Lebensunterhalts kaum scheitern dürfen.
Um eine einvernehmliche Lösung zu erleichtern - oder notfalls den Streitfall argumentativ zu unterstützen - haben wir ein Berechnungsprogramm entwickelt.
Bitte laden Sie sich das Programm zur Berechnung des Kindesunterhaltes im Wechselmodell in unserem Download-Bereich auf Ihren Rechner herunter und lesen Sie dann auf dieser Seite weiter.
Das Programm, das die Unterhaltsverteilung bei Betreuung von Kindern getrennt lebender Eltern durch beide Eltern berechnet, kann nur einen Vorschlag unterbreiten. Die Hauptschwierigkeit wird die Höhe des durch die gemeinsame Betreuung entstehenden Mehrbedarfs sein. Dieser entsteht zum einen aus der Wohnsituation, weil das Kind in jedem Elternhaushalt ein eigenes Zimmer benötigt, zum anderen aber auch daraus, dass ein Teil des Equipments des Kindes in beiden Haushalten vorhanden sein muss und manchmal auch höhere Fahrtkosten entstehen.
Dieser Mehrbedarf entsteht durch das Betreuungsmodell und ist daher von beiden Eltern anteilig entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu tragen, obwohl er jeweils nur bei dem einen oder dem anderen Elternteil entsteht. Deshalb besteht die Möglichkeit, diesen Mehrbedarf elternspezifisch einzugeben (Zeile 12). Wenn danach die Betreuungsanteile der Eltern ebenfalls konkret bemessen eingegeben werden (Zeile 15), errechnet das Programm einen Unterhaltsvorschlag, der gegebenenfalls von den Eltern individuell zu korrigieren ist.
Ausgangspunkt für jede Unterhaltsberechnung ist das „bereinigten Nettoeinkommen“ (Zeile 0). Dieses bereinigte Nettoeinkommen wird unter Anwendung von Steuerklasse I bzw. Steuerklasse II errechnet und vorab um berufsbedingte Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten) und eventuell auch notwendige Verbindlichkeiten bereinigt.
Vermögensbildung durch Tilgung von Immobiliendarlehen kann gegenüber den Kindern nur in dem Umfang akzeptiert werden, wie auch Altersvorsorgerücklagen zu berücksichtigen sind (4 % des Bruttoeinkommens).
Lediglich die gelben Felder in dem Programm können ausgefüllt werden. Alle anderen Felder sind berechnete Felder und für den Anwender gesperrt. Es ist auf diese Weise eine Unterhaltsberechnung mit nur wenigen Eingabeparametern möglich.
Trotz aller Automatisierung nimmt das Programm keine wertende Entscheidung vor, sondern rechnet lediglich. Diese Berechnung ersetzt keine juristische Wertung. Der Anwender - gleich ob Richter, Rechtsanwalt oder auch die Elternteile - sind verpflichtet, anschließend das Ergebnis einer wertenden Betrachtung und gegebenenfalls einer wertenden Korrektur zu unterziehen. Juristerei ist nicht die Anwendung der Grundrechenarten, sondern eine wertende Wissenschaft!
Oft wird bei gemeinsamer Kinderbetreuung nach Trennung und Scheidung das Problem auftauchen, dass ein Elternteil bestimmte Bedarfsteile des Kindes vollständig abdeckt. Geht also der Vater mit seinen Töchtern regelmäßig einkaufen, um deren Kleidungsbedarf abzudecken, wird er verständlicherweise vom anderen Elternteil anteilige Erstattung erwarten.
Die Quantifizierung dieser Bedarfe kann nicht allein dem betreuenden Elternteil überlassen werden, weil er sonst versucht sein kann, hochwertige Anschaffungen zu Lasten des anderen Elternteils zu tätigen.
Am besten wäre es, die Eltern wären noch in der Lage, sich über derartige Kosten zu verständigen. Als Anhaltspunkt für eine solche Verständigung können die Tabellen nach § 6 RBEG herangezogen werden:
Die darin enthaltenen Wertangaben wären nach den Einkommensstufen der Düsseldorfer Tabelle zu dynamisieren.
Will man die Bekleidungseinkäufe des Vaters mit der 15-jährigen Tochter richtig bewerten, müsste man den Basissatz von 37,80 € mit dem Prozentsatz der jeweiligen Einkommensgruppe, aus der der Unterhalt berechnet wurde, multiplizieren. Bei einem Einkommen von 5.000 €, das für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Kindes zugrundegelegt wurde, wäre also ein Bekleidungsanteil in Höhe von 57 € pro Monat zu berücksichtigen (37,80 × 152 %).
Wäre die Mutter mit 60 Prozent am Barunterhalt des Kindes beteiligt, müsste sie dem Vater 34 € monatlich erstatten.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die finanzielle Auseinandersetzung der Beteiligten beim Wechselmodell Schwierigkeiten bereiten kann.
Ein sinnvoller Lösungsansatz kann auch sein, die sinnvollerweise dadurch gelöst werden, dass die Eltern für die nicht gleichmäßig in jedem Haushalt anfallenden Bedarfe eine gemeinsame Kasse anlegen, aus dem diese Bedarfe befriedigt werden und über die monatlich Abrechnung erstellt wird. Dies betrifft Bekleidung, Gesundheitspflege, Freizeit, Unterhaltung und Kultur.
Möglicherweise ist eine solche Lösung jedoch eher etwas für Buchhalter als für Eltern.